Tradition

Es gibt viele Traditionen rund um den Maibaum. Selbst viele Bayern wissen hier oft nur vage Bescheid. Auch gibt es einige regionale Unterschiede. Wie herum läuft zum Beispiel die weiß/blaue Wicklung am Maibaum, wann und mit welchen Regeln darf ein Maibaum gestohlen werden?

Entstehung und Ursprünge

Wann und wie der Brauch entstanden ist und wie sich die mit ihm verbundene Symbolik historisch verorten lässt, das ist nicht immer einfach zu beantworten. Dennoch gibt es so etwas wie eine „erste Erwähnung“, die eine Marke setzt, in Bezug auf die man zum einen die weitere Entwicklung betrachtet und zum anderen nach Ursprüngen und Vorläufern forscht. Wie Hans Meinl und Alfons Schweiggert in ihrem Buch über den Maibaum feststellen, ist der eigentliche Maibaumbrauch erst ab dem 13. Jahrhundert nachweisbar.

“Im Jahre 1225 tanzten nahezu alle Gemeindemitglieder in Aachen ausgelassen um einen großen Maibaum. Der Pfarrer nahm an diesem Brauch, der für ihn eindeutig heidnischen Urspungs war, derart Anstoß, dass er kurzerhand zur Axt griff und den Baum fällte. Bei dem infolge dieser Tat entstehenden Handgemenge wurde der eifernde Gottesmann sogar verletzt. Der Vogt wurde herbeigeholt, um nach dem Rechten zu sehen und die Maibaumfreunde, die gegen einen Mann der Kirche handgreiflich geworden waren, der gerechten Strafe zuzuführen. Aber der hohe Herr stellte sich auf die Seite des Volkes. Er befahl, einen noch schöneren und größeren Maibaum aufzustellen, was dazu führte, dass dieser Mann in der Gunst der Bürger erheblich stieg. Ab diesem Zeitpunkt gab es den Maibaumstreit. Auf der einen Seite stand das Volk, das zunehmend mehr den Maibaumbrauch befürwortete. Auf der anderen Seite befand sich die Kirche, die in dem Vordringen eines originär heidnischen Brauchtums einen Angriff auf die christliche Lehre sah“ (a .a. O., S. 26)

Kaum ins Leben gerufen wurde der Maibaum somit schon zum Streitgegenstand, der europaweit eine von kirchlicher Seite initiierte Verbotswelle in Gang setzt, die die Tradition für ein ganzes Jahrhundert zurückdrängt. Gleichzeitig setzt schon hier der Versuch einiger Kirchenleute, die die wachsende Beliebtheit des Brauchs beobachteten, ein, die vermeintlich heidnische Tradition durch christliche Umdeutung zu absorbieren und damit „kompatibel“ zu machen. Und so fiel es sicherlich nicht schwer, den himmelwärts gerichteten Maibaum mit dem Hinweis auf Gott zu assoziieren. Oder die beliebten Reigentänze um den Maibaum in Form kirchlicher Prozessionen um die Felder, Ortschaften oder das Kirchengebäude zu transformieren. Beides, machtpolitischer Anspruch und religiös-naturmythische Beschwörung spielen von Beginn der Maibaumgeschichte ineinander. Gerade deshalb sind seine Wurzeln viel früher zu suchen, auch wenn die Bezeichnung und Modellierung als Maibaum mit den auch heute noch typischen Elementen „Entrindeter Stamm, naturgrüner Wipfelbuschen, Kränze und andere Fruchtbarkeitssymbole“ jüngeren Datums ist.

Fällen und Aufstellen

Entweder wird der Maibaum jedes Jahr neu gefällt oder es wird jedes Jahr derselbe Stamm verwendet. In Ostfriesland zum Beispiel wird der Stamm unter Wasser gelagert und jedes Jahr zum Mai wieder hervorgeholt. Meistens sind oder werden die Stämme geschält, bevor sie unter anderem mit bunten Girlanden, Tannengrün oder Krepp-Papier geschmückt werden. Am oberen Ende wird er meistens von einem Kranz und auf der Spitze von einer frisch geschlagenen jungen Birke gekrönt. Ein richtig geschnürter (bemalter) Baum hat in Oberbayern die Spirale von unten links nach oben rechts gedreht. Als Vorlage dienen dabei die bayerischen Rauten, die den weiß-blauen Himmel darstellen.

Andernorts bleiben sie im Naturzustand mit Rinde belassen, oder sind wie im Isarwinkel (Bad Tölz), nur “geschöpst” (entrindet- bzw. auch “geschäpst”). In Franken sieht man sie gar in weiß-rotem Streifendesign. Auch in Oberbayern gibt es einen rot-weißen Sonderling: In Mühldorf am Inn wird der Maibaum stets rot-weiß gefärbt, da die Stadt früher zum Fürstbistum Salzburg im heutigen Österreich gehörte und sich seitdem mit diesen Farben schmückt.

Direkt vor dem Aufstellen wird der Baum je nach Region in einer Art Prozession durchs Dorf getragen, deren Ziel oft ein zentraler Platz ist und die von Zuschauern und einer Blaskapelle begleitet wird. Dort findet dann nachmittags das eigentliche Aufstellen des Baums statt. Während der Maibaum früher meistens mit Hilfe langer Stangen (Schwaiwerln) aufgestellt wurde, nimmt man heute auch Traktoren, Gabelstapler oder sogar Kräne zuhilfe. In Niederösterreich verwendet man Seile und Leitern.

Der Maibaum bleibt je nach lokalem Brauch bis zum Monatsende stehen und wird dann an einem Wochenende wieder umgelegt, abgeschmückt und der Stamm für das nächste Jahr eingelagert. In vielen Teilen Bayerns bleibt er ganzjährig (oder bis zu fünf Jahre) stehen und wird dann wieder frisch geschlagen.

Maibaumstehlen

Auch verweist das heute noch beliebte Maibaumstehlen auf die heidnischen Wurzeln und auf die Nacht vor dem 1. Mai, welche als Hexen- oder Walpurgisnacht bekannt ist. Diese Nacht war ursprünglich die Nacht der Vorbereitung auf den Beginn des Frühlings, in der die Ablösung der Jahrzeit zelebriert und in der alle dem neuen Wachstum noch entgegen stehenden bösen Mächte gebannt werden sollten. Entsprechend ist das rituelle Maibaumstehlen als Handlung in Stellvertretung von Hexen und Geistern aufzufassen, gegen die sich die Besitzer des Maibaums durch Wachsamkeit und Zusammenhalt erwehren müssen, damit der Maibaum seine Segen bringende Wirkung für das Gemeinwesen entfalten kann.

Der Maibaumdiebstahl unterliegt klaren Regeln. Zunächst muss in Bayern das Objekt der Maibaumdiebesbegierde bereits gefällt sein. Liegt der Baum nach dem Fällen noch im Wald, darf er dennoch nicht gestohlen werden, das wäre immer noch Holzdiebstahl. Nach alter bayerischer Tradition dürfte der Maibaum eigentlich nur in der Walpurgisnacht selbst geraubt werden, und nur, wenn er sich innerhalb des Ortes befindet, in dem er aufgestellt werden soll. In den meisten Orten ist heute jedoch üblich, dass der Maibaum nach dem Holen aus dem Wald bewacht wird und dann dürfte er auch gestohlen werden. Weiter darf keine Gewalt gegenüber Bewachern angewendet werden. Der Baum darf nicht zersägt noch anderweitig beschädigt werden. Das Diebesgut ist auch immer nur der Baum, nicht die Kränze, Taferln, Fahnen etc.

Legt schließlich während des Klauversuches ein irgendwie doch noch aufgeweckter/aufgetauchter Dorfbewohner – ganz egal ob junger Bursch oder altes Weib – seine Hand auf den Baum und spricht die Worte: “Da Bam bleibt da”, dann darf der so geschützte Maibaum von den Maibaumdieben nicht mehr angerührt werden. Ist der Baum hinter dem Ortschild, so gilt das Stangerl als geklaut. Bereits aufgestellte Maibäume können nicht mehr gestohlen werden.

In den meisten Teilen Österreichs gilt ein Maibaum erst dann als gestohlen, wenn er von den Dieben vollständig umgelegt wurde, oder erst wenn er bereits vom ursprünglichen Standort abtransportiert wurde. Es gilt als Regel, dass nur der Maibäume stehlen darf, der auch selber einen aufgestellt hat.

Gestohlene Bäume müssen später wieder ausgelöst werden. Dazu begibt sich eine Abordnung der Bestohlenen zu den Dieben und handelt den Preis aus, der üblicherweise in Naturalien (Bier und Essen) zu entrichten ist. Auch hier gibt es ungeschriebene Verhaltensmaßregeln, die unbedingt einzuhalten sind. In Teilen Österreichs ist es auch üblich, dass sich die Diebe des Maibaums in einem öffentlichem Schauprozess verantworten müssen und in diesem durch geschicktes Verhandeln die Strafe für ihren dreisten Diebstahl niedrig halten zu können.

In Niederösterreich reicht es, wenn man den Maibaum umschneidet, das Stehlen ist nur ein Bonus. Der Maibaum wird aber die ganze Nacht nach dem Aufstellen bewacht um so etwas zu verhindern. Da aber immer ein ausgelassenes Fest gefeiert wird, kann es doch vorkommen, daß man unachtsam ist. Es ist nur in dieser Nacht erlaubt den Maibaum zu stehlen oder umzuschneiden.

In Linz an der Donau erlangte der Bürgermeister Dr. Franz Dobusch Berühmtheit, weil er sich weigerte, den gestohlenen Maibaum auszulösen. Sein Versuch die Maibaumdiebe gerichtlich zu belangen mißlang aber mit Verweis auf das Brauchtum.

Wer noch weitere Geschichten und Bräuche rund um den Maibaum sucht, findet dies zu genüge im Internet.
Sehr zu empfehlen ist auch folgendes Buch:

‘Der Maibaum’ – Geschichte und Geschichten um ein beliebtes Brauchtum; Hans Meinl und Alfons Schweigert; ‘Bayernland’ Dachau